Bundesstart: 27.08.2020
Regie: Massoud Bakhshi – Drama, 89 min, Farbe, Frankreich, Deutschland, Schweiz, Luxemburg, Iran, 2019
»Nehmen Sie per Textnachricht an unserem Gewinnspiel teil. Hat Maryam Komijani es verdient, dass man ihr vergibt und sie begnadigt wird? Senden Sie 1 für Ja, 2 für Nein.«
Die Kameras und Scheinwerfer sind alle auf Position. Ein letzter Blick des Moderators auf seine Notizen. Die letzten Sekunden des Intros ziehen vorbei – 5, 4, 3, 2, 1 – dann wird die Fernseh-Show live geschaltet – ausgerechnet am Yalda-Feiertag, der persischen Wintersonnenwende. An diesem Abend ist Maryam zu Gast, eine zum Tode verurteilte junge Frau. Ihr gegenüber im Studio sitzt Mona, die immer wie eine große Schwester für sie war. Maryam hat mit Monas Vater in einer Zeitehe gelebt. Jetzt ist sie des Mordes an ihm angeklagt. Vor laufender Kamera und Millionen von Zuschauern, muss Maryam um Vergebung und um ihr Leben kämpfen.
In Anspielung auf eine beliebte iranische Fernsehshow inszeniert der iranische Filmemacher Massoud Bakhshi (A RESPECTABLE FAMILY) das TV-Studio als Bühne für ein dramatisches Kammerspiel, das hinter dem persönlichen Schicksal seiner Hauptfiguren auch die gesellschaftliche Dimension der Geschichte offenlegt.
Pressestimmen
süddeutsche.de
»Freude der Vergebung« ist ein so bizarres Reality-TV-Format, dass man es für schlecht erfunden halten könnte, hätte sich der Regisseur und Drehbuchautor Massoud Bakhshi nicht an einer tatsächlich existierenden iranischen Fernsehshow orientiert. Sein Film beginnt mit Aufnahmen des nächtlichen Teherans, der Fernsehturm leuchtet, alles glitzert wie ein modernes 1001-Nacht-Märchen. In der Yalda-Nacht, in der die Show gesendet wird, werden traditionell rote Früchte serviert; es ist die längste Nacht des Jahres, in der man mit Freunden und der Familie feiert. YALDA zeigt die archaische Ausbeutung hinter dieser Fassade.
Trailer
36. Sundance Film Festival 2020: World Cinema Grand Jury Prize: Dramatic
70. Internationale Filmfestspiele Berlin 2020 (Generation 14+)
55. Internationales Film Festival Karlovy Vary 2020
24. Sofia International Film Festival: Special Mention for Best Screenplay
Über den Film
Die Todesstrafe im Iran
Genaue Statistiken über die Todesstrafe im Iran liegen nicht vor, da die iranischen
Behörden nicht alle durchgeführten Hinrichtungen bekannt geben. In den letzten fünf Jahren wurden durchschnittlich 40% aller Hinrichtungen von den offiziellen iranischen Medien angekündigt. Im Jahr 2019 wurden mindestens 280 Menschen hingerichtet. 80% aller Hinrichtungen erfolgten aufgrund von Mordanklagen. Mindestens 15 Frauen wurden hingerichtet.
Mindestens 374 Gefangene, die aufgrund von Mordanklagen zum Tode verurteilt wurden, erhielten von den Familien der Mordopfer Vergebung – ein deutlicher Anstieg im Vergleich zu den Vorjahren.
Die Anzahl der Verbrechen, für die im Iran die Todesstrafe bekommen kann, gehört zu den höchsten der Welt. Einige der Straftaten, die mit dem Tod bestraft werden, sind: Mord, Inzest und Unzucht, Ehebruch, gleichgeschlechtliche Beziehungen, bewaffneter Raubüberfall, Rebellion, religiöse Straftaten (z.B. Verfluchung des Propheten des Islam).
Mah-e Asal – Die Inspiration für die TV-Show im Film
„Mah-e Asal“ (übersetzt aus dem Iranischen in „Flitterwochen“) mit Moderator Ehsan Alikhani war eine tägliche iranische Talkshow, die von 2007 bis 2018 während des heiligen Monats Ramadan gesendet wurde und Millionen von Zuschauern im ganzen Land begeisterte. Die Sendung wurde regelmäßig in Zusammenarbeit mit dem iranischen Justizsystem ausgestrahlt und widmete dem Thema Nachsicht und Vergebung mindestens eine Folge pro Staffel. Das ist kein Zufall, denn in den Monat Ramadan fällt die intensivste Zeit der gesellschaftlichen Aufmerksamkeit für Nachsicht. Dieser Monat, der am besten für das Fasten bekannt ist, ist auch die Zeit, in der die Muslime ihre körperlichen Bedürfnisse für eine tiefe spirituelle Erkundung zurückstellen und ihren Geist der Großzügigkeit und des Mitgefühls wieder aufleben lassen.
Im Juni 2018 wurde im Rahmen einer Spendenaktion von „Mah-e Asal“ der Gegenwert von 7 Millionen US-Dollar von iranischen Bürgern aufgebracht – ein Betrag, mit dem die Blutschulden von Hunderten von Gefangenen beglichen wurden. „Mah-e Asal“ diente als Inspiration für die Sendung „The Joy of Forgiveness“ in YALDA: vom gut gekleideten, charismatischen Moderator Omid (Arman Darvish) über die opulente, vergoldete Möblierung auf der Bühne bis hin zum eifrigen Live-Publikum, das aufgefordert wird, per SMS an der Show teilzunehmen.
Die Qisas–Wiedervergeltung
Nach dem iranischen Strafgesetzbuch (Iranian Penal Code – IPC) kann Mord mit Qisas bestraft werden. Damit ist gemeint, dass die Familie des Opfers eine Vergeltung als Todesurteil verlangen kann. Die Familienmitglieder können jedoch anstelle eines Todesurteils auch Blutgeld (Diya) verlangen oder einfach Vergebung gewähren. Qisas für Mord wird im islamischen Recht (Scharia) erwähnt. Da das Strafgesetzbuch auf der Scharia basiert, erwägen die iranischen Behörden, Qisas zu verbieten, als rote Linie die sie nicht überschreiten dürfen. Die iranischen Behörden behaupten, dass Qisas ein privates Recht ist, das die Behörden nicht leugnen oder kontrollieren können. Auf diese Weise legen sie die Verantwortung für das Todesurteil auf die Schultern der Familie des Mordopfers. 2019 waren mehr als 80% aller Hinrichtungen im Iran Qisas-Hinrichtungen.
In den letzten vier Jahren hat die Vergebungsbewegung erheblich zugenommen. Zivilgesellschaftliche Gruppen wie die Imam-Ali-Hilfsgesellschaft, LEGAM (Schritt für Schritt zur Abschaffung der Todesstrafe) und andere lokale und nationale Kampagnen haben sich aktiv für Vergebung anstelle der Todesstrafe eingesetzt. Künstler, Fernsehprominente und Menschenrechtsaktivisten haben die Bürger öffentlich dazu aufgerufen, das Leben der zum Tode Verurteilten zu schonen, und die Medien haben mitfühlend darüber berichtet. Diese Bewegung hat in den letzten Jahren zur Aufhebung der Todesurteile von Hunderten von Gefangenen geführt. Darüber hinaus hat die Vergebungsbewegung wesentlich dazu beigetragen, die Abschaffung der Todesstrafe und die Debatte über die Todesstrafe als Strafe zu fördern.
Besetzung
FIGUR | SPRECHER |
Maryam | Sadaf Asgari |
Mona | Behnaz Jafari |
Die Mutter | Fereshte Sadre Orafaiy |
Keshavarz | Forough Ghajabagli |
Omid | Arman Darvish |
Stab
Regie & Drehbuch | Massoud Bakhshi |
Produzenten | Jacques Bidou, Marianne Dumoulin, Nicole Gerhards, Joëlle Bertossa, Flavia Zanon, Bady Minck, Alexander Dumreicher-Ivanceanu, Georges Schoucair, Fred Premel, Ali Mosaffa |
Kamera | Julian Atanassov |
Schnitt | Jacques Comets |
Verleih | Little Dream Pictures |
Internationaler Titel | YALDA – A Night For Forgiveness |
Kinostart | 27. August 2020 |
Gefördert von | Filmförderungsanstalt (FFA) |
Presskit
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